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Hallo Leserinnen und Leser,
Folgende Frage möchte ich gern heute beantworten

Gibt es für die Benutzung der PSA gegen Absturz eine Unterweisungspflicht?

Kurzversion:

Pflicht: JA

Wie oft: 1x jährlich (vom Unterweisungstag max. 365 Tage später)

Wer: Jeder Anwender

Wer darf PSAgA unterweisen: DGUV Grundsatz 312-001

Umfang der Unterweisung: Gefährdungsbeurteilung und / oder DGUV Regel 112-198, DGUV Regel 112-199, DGUV Information 212-515

 


Ich möchte euch aber hier noch ein Paar Hintergrundinformationen geben, damit die Sache “Rund” wird.

Wo steht die Unterweisungspflicht?

  • ArbSchG §15 Abs. (2)Pflichten der Beschäftigten
    (2) Im Rahmen des Absatzes 1 haben die Beschäftigten insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden
  • PSA-Benutzungsverordnung § 3 Unterweisung
    (1) Bei der Unterweisung nach § 12 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber die Beschäftigten darin zu unterweisen, wie die persönlichen Schutzausrüstungen sicherheitsgerecht benutzt werden. Soweit erforderlich, führt er eine Schulung in der Benutzung durch.
    (2) Für jede bereitgestellte persönliche Schutzausrüstung hat der Arbeitgeber erforderliche Informationen für die Benutzung in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache bereitzuhalten.
  • DGUV Vorschrift 1 §31 Besondere Unterweisung
    Für persönliche Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden schützen sollen, hat der Unternehmer die nach § 3 Absatz 2 der PSA-Benutzungsverordnung bereitzuhaltende Benutzungsinformation den Versicherten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln.
  • DGUV Regel 100-001 § 31 Besondere Unterweisung
    Für persönliche Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden schützen sollen, hat der Unternehmer die nach § 3 Absatz 2 der PSA-Benutzungsverordnung bereitzuhaltende Benutzungsinformation den Versicherten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln.
Bei den hier in Betracht kommenden persönlichen Schutzausrüstungen, z. B. Atemschutzgeräten sowie persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz oder Chemikalien, muss davon ausgegangen werden, dass der Benutzer die Gefahr und die damit in Verbindung stehenden unmittelbaren Wirkungen nicht rechtzeitig erkennen kann, dies gilt gegebenenfalls auch für persönliche Schutzausrüstungen gegen Ertrinken.
Die Benutzungsinformation enthält die wesentlichen Herstellerinformationen. Sie dient unter anderem als Grundlage für die Erstellung der Betriebsanweisung und muss hinsichtlich Form und Sprache für die Benutzer verständlich abgefasst sein.
Unterweisungen mit Übungen sind vor der ersten Benutzung und anschließend nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, durchzuführen. Ziel der Übungen ist neben einer sicheren Benutzung der persönlichen Schutzausrüstungen im Rahmen der jeweiligen Arbeitsaufgaben auch das richtige Verhalten in kritischen Situationen.

Welche PSA ist den nun genau Unterweisungspflichtig?

Es ist PSA der Risikokategorie 3. Erkennbar, unter anderem, an dem CE-Zeichen mit 4 Stelliger Nummer (Kennzahl des Prüfinstituts –> Artikel 17. Abs. (3) EU Verordnung 425/2016). Hier seht ihr ein Bilder über die CE Kennzeichnung der PSA

*Quelle: http://www.dguv.de/dguv-test/prod-pruef-zert/konform-prod/psa/weg-ce-kennzeichnung/index.jsp*

 

Hier die Liste der Kategorie 3 PSA aus der neuen PSA-Verordnung (Verordnung EU 2016/425):

Kategorie III umfasst ausschließlich die Risiken, die zu sehr schwerwiegenden Folgen wie Tod oder irreversiblen Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit Folgendem führen können:
a) gesundheitsgefährdende Stoffe und Gemische;
b) Atmosphären mit Sauerstoffmangel;
c) schädliche biologische Agenzien;
d) ionisierende Strahlung;
e) warme Umgebung, die vergleichbare Auswirkungen hat wie eine Umgebung mit einer Lufttemperatur von 100 °C oder mehr;
f) kalte Umgebung, die vergleichbare Auswirkungen hat wie eine Umgebung mit einer Lufttemperatur von – 50 °C oder weniger;
g) Stürze aus der Höhe;
h) Stromschlag und Arbeit an unter Spannung stehenden Teilen;
i) Ertrinken;
j) Schnittverletzungen durch handgeführte Kettensägen;
k) Hochdruckstrahl;
l) Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche;
m) schädlicher Lärm.

 

Wer darf den eigentlich PSAgA Unterweisen?

Mittlerweile nur Personen die alle Kriterien des DGUV Grundsatzes 312-001 entsprechen. Für einige Produkte muss vielleicht noch zusätzlich eine Schulung beim Hersteller gemacht werden.

Was sollte so eine Unterweisung mindestens beinhalten?

(Auszug aus dem DGUV Grundsatz 312-001 Anhang 1)

1. Allgemeine Grundlagen des Arbeitsschutzes
Den Teilnehmenden sind folgende grundlegende Kenntnisse zur Unfallverhütung zu
vermitteln:

Grundsätze der Unfallverhütung

  • Verantwortung im Arbeitsschutz (Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmerin bzw.
    Arbeitnehmer, Haftung, Verantwortung),
    – TOP-Prinzip (technisch, organisatorisch, persönlich)

 

  • Verwendete Unterlagen:
    –DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“,
    –DGUV Regel 112-198 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“,
    –DGUV Regel 112-199 „Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen“.

2. Allgemeine Grundlagen zur PSAgA und Rettungsausrüstung (RA)
Für das Verständnis der Benutzung und der möglichen Gefährdungen sind folgende
Inhalte zu vermitteln bzw. zu üben:
• Auswahl der richtigen PSAgA/RA auf Basis der Gefährdungsbeurteilung,
• Systemkompatibilität,
• Gebrauchsanleitung der PSAgA/RA,
• Kennzeichnung,
• Gebrauchsdauer,
• Pflege, Wartung, Lagerung,
• bestimmungsgemäße Verwendung,
• Kombination mit anderer PSA (Wechselwirkungen beachten, z. B. PSAgA und
Atemschutz),
• zusätzliche Ausrüstung,
• Sicht- und Funktionsprüfung, Erkennen von Mängeln (Schäden, Ablegereife),
• wiederkehrende Prüfung,
• auftretende Kräfte und Energien,
• Anschlageinrichtungen, Anschlagmöglichkeiten,• Gefahren durch äußere Einflüsse (z. B. Witterung, Freileitungen, Kranbewegungen,
Schüttgüter in Silos, Chemikalien, Wasser),
• Verweis auf spezifische Schutzmaßnahmen (z. B. Befahren von Behältern, Hygiene),
• Betriebsanweisung,
• Rettungskonzept.

3. Bauarten und praktische Anwendung der PSAgA/RA
Es sind Kenntnisse und Fähigkeiten für die sichere Benutzung zu vermitteln über:
• Systeme (Auffang-, Rückhalte-, Positionierungssysteme),
• Anlegen und Benutzen eines Auffanggurtes,
• Verbindungselemente,
• Verbindungsmittel,
• Falldämpfer,
• Höhensicherungsgeräte,
• mitlaufendes Auffanggerät einschließlich beweglicher Führung,
• mitlaufendes Auffanggerät einschließlich fester Führung,
• Rettungsgurte, Rettungsschlaufen,
• zweite unabhängige Sicherung bei den Übungen,
• Beurteilung und Verwendung von Anschlagpunkten,
• Beurteilung der Tragfähigkeit des Bauwerkes/Untergrundes für temporär verwendete
Anschlagmöglichkeiten,
• Anschlagtechnik (Reduktionsfaktoren der Festigkeit durch Kanten, Knoten und Winkel
von Schlingen und Seilen),
• Teleskopstangen,
• Sicht- und Funktionsprüfung,
• Sturzraumbeurteilung (Sturzstrecke, Sicherheitsabstände).

4. Rettung
Übungen zur Rettung beinhalten:
• Rettungsverfahren:
– Rettung nach oben oder nach unten,
– Rettung aktiv oder passiv,
• Anschlagen der Rettungsausrüstung (Auswahl und Lage der Anschlagpunkte),
• Entlastungsverfahren,
• Sicht- und Funktionskontrolle der RA.

5. Erste Hilfe
Als Maßnahmen der Ersten Hilfe sind zu vermitteln bzw. zu üben:
• besondere Gefahren durch Hängetrauma,
• abweichende Schocklagerung,
• besondere Gefahren unter veränderten atmosphärischen Bedingungen.


Zum Nachlesen die Schriftwerke
Verordnung (EU) 2016/425 – vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates

*Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016R0425&from=DE*

Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG

*Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/ArbSchG.pdf*

PSA-Benutzungsverordnung – PSA-BV

*Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/psa-bv/PSA-BV.pdf*

DGUV Vorschrift 1 Grundsätze der Prävention

*Quelle: https://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/1.pdf*

DGUV Regel 100-001 Grundsätze der Prävention (Erklärungstexte)

*Quelle DGUV Publikation*

DGUV Grundsatz 312-001 Anforderungen an Ausbildende und Ausbildungsstätten zur Durchführung von Unterweisungen mit praktischen Übungen bei Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz und Rettungsausrüstungen

*Quelle: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/312-001.pdf*

DGUV Information 212-515 Persönliche Schutzausrüstung

*Quelle:http://etf.bgetem.de/htdocs/r30/vc_shop/bilder/firma53/dguv_information_212-515_a12-2014.pdf*